Interview mit Sara Roller

Ihr kennt Sie alle: Sie ist seit Ausgabe 3/2018 dabei und versorgt nicht nur die Azubis mit wichtigen Praxis-Tipps: Sara Roller, TFA, Praxismanagerin und freie Autorin. Aus einem anderem Blickwinkel betrachtet, rückt sie heute in unseren Fokus.

Jennifer Nehls: Raureif- und Handschuhwetter? Ist der Winter für Dich magisch? 

Sara Roller: Ja, absolut magisch. Ich bin ein Winterkind. Im Dezember geboren habe ich Schnee, Kälte und die Winterzeit schon immer geliebt. Mein schönstes Wintererlebnis war eine Reise nach Lappland, mit minus 30 Grad, meterhohem Schnee, zugefrorenen Seen, Rentieren und Schlittenhunden. Ein wahres Wintermärchen.

Jennifer Nehls: Was verzaubert Dich besonders in dieser Jahreszeit?

Sara Roller: Wenn ich lange Spaziergänge mit meinem Hund in der Winterlandschaft unternehmen kann. Ich packe uns beide dick ein, und los geht´s, raus in die Kälte. Wir wohnen in einem kleinen Dorf im Taunus auf ca. 400 m Höhe. Zum Glück haben wir hier trotz Klimaveränderung noch Winter mit Schnee. Vor dem knisternden Feuer unseres Kamins wärmen wir uns dann drinnen wieder auf.

Jennifer Nehls: Die langen Winterabende bieten sich hervorragend an, um gemütlich beisammen zu sitzen und sich gegenseitig Geschichten zu erzählen oder etwas vorzulesen. Das vermittelt Wärme und Harmonie, erinnert zugleich an kindliche Neugier, spannende oder lustige Geschichten, die uns unsere Eltern oder Großeltern erzählt haben. Ein Ritual, das im Zeitalter von Laptop, Handy, Twitter und Chats fast in Vergessen geraten ist. Welche Rolle spielte das Vorlesen und Geschichten erzählen in Deiner Kindheit?

Sara Roller: Meine Mutter hat mir und meiner Schwester vor dem Einschlafen jeden Abend aus Büchern vorgelesen oder Geschichten erzählt. Daran erinnere ich mich sehr gerne. Wir haben uns zu dritt in ein Bett gekuschelt, und wir Mädchen haben gebannt den Geschichten gelauscht. Als ich alt genug war, habe ich dann auch selbst Bücher gelesen. Ich war eine echte Leseratte. Auch heute habe ich am liebsten ein „echtes“ Buch mit Papierseiten in der Hand. Vielleicht bin ich ein wenig altmodisch, was das angeht …

Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene lesen heute vielleicht mehr am Tablet, Kindle oder Laptop, aber diese Entwicklung finde ich sogar gut, denn durch das Internet sind Geschichten für alle zugänglich geworden. Und wer gerade niemanden zum Vorlesen hat, kann sich ein Hörbuch anhören. Ich finde nicht, dass das Geschichtenerzählen und das Lesen in Vergessenheit geraten ist. Eher im Gegenteil, sie bieten einen schönen Ausgleich zu Streaming-Diensten, Gaming und Social Media.

Jennifer Nehls: Gab es eine Lieblingsgeschichte, an die Du Dich noch heute gerne erinnerst?

Sara Roller: Das waren die Geschichten von Jan und Bettina, einem Geschwisterpärchen, das alle möglichen Abenteuer erlebte. Sie hatten auch noch einen kleineren Bruder, Dominik, der sie manchmal ein bisschen nervte. Wie es im echten Leben mit Geschwistern eben auch ist 😉

Jennifer Nehls: Was war das Besondere daran?

Sara Roller: Das Besondere daran war, dass es eine Fortsetzungsgeschichte war. Meine Mutter hat die Charaktere und die Geschichten über Jan und Bettina selbst erfunden. Sie hat sich immer wieder neue Abenteuer einfallen lassen, die sie uns dann abends erzählt hat. Ich weiß gar nicht, wann sie neben der Arbeit, dem Haushalt und uns Kindern noch Zeit und Muße hatte, sich all diese Geschichten für uns auszudenken. Zum Glück habe ich ihre kreative Ader sozusagen geerbt und die Fantasie sowie die Liebe zum Geschichten-Erfinden von ihr mit auf den Weg bekommen. 

Jennifer Nehls: Blicken wir auf Deine berufliche Laufbahn, so spielt das Ritual des Vorlesens und Geschichtenerzählens eine interessante Rolle. Im Jahr 2009 hast Du vom MDR-Rundfunkrat den „Kinder-Online-Preis“ für Dein Projekt www.die-gürbels.de erhalten. Wer oder was sind die Gürbels?

Sara Roller: www.die-gürbels.de ist eine Kinderseite mit magischen Gutenachtgeschichten zum Vorlesen und Selbstlesen. Kinder finden hier auf einer werbefreien Webseite kindgerechte Geschichten, die sie kostenlos lesen und downloaden können. Alles fing mit den Gürbels an, den Namensgebern dieser Seite. Ich habe sie gemeinsam mit meinem Mann erfunden. Die Gürbels sind kleine magische Wesen, die ein bisschen an Meerschweinchen erinnern, aber doch ganz anders aussehen, und vor allem zaubern können. Es kamen über die Zeit immer mehr Geschichten hinzu, sodass es inzwischen z.B. auch Geschichten über die Hamsties gibt, ein Hamsterfamilie, die mit Familienhund Bo zusammen immer neue Abenteuer erlebt und bei den Kindern sehr beliebt ist. Außer Tier- und Gürbel-Geschichten findet man auch Fantasiereisen und Entspannungsgeschichten für Kinder auf der Webseite. 

Die Verleihung des Kinder-Online-Preises des MDR-Rundfunkrats war eine große Ehre für mich, vor allem, weil ich bei den Gürbels alles „alleine“ mache. Ich schreibe die Geschichten, erstelle die Webseite (mit einem Baukastensystem) und kümmere mich um die Vernetzung der Seite. Und das alles als Charity-Projekt, mit dem ich kein Geld verdiene, denn die Kinder sollen auf der Seite ohne Werbung surfen und die Geschichten alle kostenlos lesen können. Deshalb macht es mich sehr stolz, dass meine „Ein-Frau-Kinderseite“ auch das Prüfsiegel des Erfurter Netcodes trägt und ganz frisch, im Dezember 2022, das neue Gütesiegel der Organisation Seitenstark e.V. in Berlin verliehen bekommen hat. Diese Siegel werden nur an digitale Kindermedien verliehen, die bestimmten Qualitätsstandards entsprechen, was Datenschutz, Werbefreiheit, pädagogisch wertvolle Inhalte und die Vermittlung von Medienkompetenz betrifft.

Jennifer Nehls: Arbeitest Du noch heute an diesem Projekt?

Sara Roller: Auf jeden Fall! Die besten Ideen für Geschichten kommen mir bei Spaziergängen mit meinem Hund. Dann können die Gedanken schweifen, und ich lasse mich von der Natur inspirieren. So kommen immer neue Geschichten hinzu. Was mich besonders gefreut hat, war das große Interesse von Eltern, Pädagogen und Erziehern während der Hochphase der Corona-Pandemie. Ich habe sehr viele E-Mails von Erwachsenen bekommen, die meine Geschichten für ihre Unterrichtsgestaltung, Betreuung oder Online-Veranstaltungen verwendet haben. Und ich bekomme auch Feedback von Eltern und Kindern, die sich neue Geschichten oder Fortsetzungen wünschen. Das motiviert mich, die Kinderseite immer weiter zu entwickeln. In der Corona-Zeit ist auch eine Kooperation mit einer jungen Rundfunkmoderatorin entstanden, die einige meiner Geschichten auf ihrem Kanal als Hörbuch vertont hat. Der Bereich Hörbücher wäre in der Zukunft auf jeden Fall noch ausbaufähig.

Jennifer Nehls: Im Jahr 2010 hast Du Deine Ausbildung zur TFA gemacht. Seitdem verbindest Du beide Tätigkeiten, die Arbeit am Tier und das Schreiben. Welchen besonderen Reiz hat diese Vielfalt für Dich?

Sara Roller: Es war damals ein großer Schritt für mich, nach meinem abgeschlossenen Publizistik-Studium noch eine Ausbildung zur TFA zu machen. Aber ich wollte beruflich etwas Sinnvolles machen, unbedingt mit Tieren arbeiten und nicht 8 Stunden am Tag an einem Schreibtisch sitzen müssen. Deshalb war es genau die richtige Entscheidung, und ich liebe den abwechslungsreichen Job der TFA nach über 10 Jahren immer noch! Genau wie Du es gesagt hast, kann ich so meine beiden Tätigkeiten optimal verbinden. Ich arbeite Teilzeit in einer Kleintierpraxis und schreibe als freie Autorin (www.vettext.de) für unterschiedliche Auftraggeber im tiermedizinischen Bereich, z.B. die WDT TFA-News.

Jennifer Nehls: Würdest Du aus heutiger Sicht etwas an Deiner beruflichen Laufbahn ändern?

Sara Roller: Nein, ich würde nichts ändern. Ich habe es zwar anders herum gemacht als die meisten – erst studiert, dann eine duale Ausbildung gemacht, aber meine beiden Berufe ergänzen sich super, und mir wird es nie langweilig.

Jennifer Nehls: Welche Frage dürfte in einem Interview, dass Du mit Dir selber führen müsstest, auf keinen Fall fehlen?

Sara Roller: Hast Du auch Tiere?

Jennifer Nehls: Und zu guter Letzt: Was wäre Deine Antwort?

Sara Roller: Na klar. Ich habe einen Hund, Rhodesian Ridgeback Sir Dickens, 5 Jahre alt, ein absolut liebenswerter Kerl, der mich immer zum Lachen bringt. Und ein Zwergkaninchen, Löwenköpfchen Foxy, die verwitwet und bereits im Seniorenalter ist. Inzwischen liegt sie am liebsten zusammen mit dem Hund auf dem Sofa und guckt Netflix. Außerdem habe ich noch ein Pflegepferd namens Arti, ein 800 kg Kaltblut, mit dem ich schöne Ausritte im Gelände unternehme. Nur leider nicht im Winter, denn dann ist der Boden draußen zu rutschig für uns und wir weichen in die Reithalle aus.

Wir gratulieren Frau Roller zur Verleihung Ihres neuen Gütesiegels der Organisation Seitenstark e.V.


Jennifer Nehls
Pressebüro für Human- und Tiergesundheit
tfa@drjennifernehls.de