Was tun?

Berichtet der Besitzer von wässrig-schleimigen Durchfällen und einer rapiden Verschlechterung des Allgemeinbefindens, so sollten Deine Alarmglocken schrillen. Wichtige Fragen am Telefon können diagnostisch bereits Aufschluss geben.

Abb. 1 | Der Allgemeinzustand der Patienten ist besorgniserregend.
© BraunS/E+/Getty Images

Die Darmflora reagiert sensibel auf Antibiotika

Kaninchen reagieren auf Antibiotika mit einem grampositiven oder überwiegend grampositiven Wirkungsspektrum („PLACE“-Antibiotika, siehe Kasten) besonders empfindlich. Sie können auch Wochen nach der Verabreichung noch eine lebensbedrohliche Enterotoxämie verursachen. Diese Wirkstoffe dürfen beim Kaninchen daher nur nach strenger Indikationsstellung in Ausnahmefällen verabreicht werden. Eine orale Applikation ist immer kontraindiziert. 

Tipp: Frage den Besitzer am Telefon, ob das Tier in den vergangenen Wochen Krankheitssymptome gezeigt hat und durch einen anderen Tierarzt vorbehandelt wurde. 

Gut zu wissen
Antibiotikaintoxikationen entstehen beim Kaninchen durch die orale Verabreichung sogenannter „PLACE“-Antibiotika:
Penicillin 
Lincomycin
Ampicillin
Amoxicillin
Cephalosporine
Clindamycin
Erythromycin


Aufgrund der darmtoxischen Wirkung kann auch eine Injektion problematisch sein.

Das Allgemeinbefinden verschlechtert sich dramatisch

Die Besitzer berichten typischerweise über wässrig-schleimige Durchfälle und eine rapide Verschlechterung des Allgemeinbefindens (Abb.1). 

Typische Symptome sind:

  • Apathie
  • pumpende, hochfrequente und später flache Atmung
  • Brust-Bauch- oder Seitenlage
  • Hypothermie
  • blasse Schleimhäute
  • schlaffer Muskeltonus oder Krämpfe

Ursache ist eine perakut verlaufende Vergiftung (Enterotoxämie), die durch eine pathologisch veränderte Darmflora verursacht wird. 

Tipp: Frage, ob das Tier mit Antibiotika vorbehandelt wurde. Auch wenn die Applikation Wochen zurück liegt, kann sie diagnostisch wegweisend sein und die Verdachtsdiagnose bestätigen (Abb. 2). 

Abb. 2 | Die Anamnese und klinische Untersuchung sind diagnostisch wegweisend.
© skynesher/E+/Getty Images

Die Antibiotika verändern die physiologische Darmflora 

Werden „PLACE“-Antibiotika verabreicht, gerät die physiologische Darmflora (intestinale Mikrobiota) ins Wanken. Die grampositive protektive Flora stirbt ab, sodass sich Hefepilze und pathogene Keime wie E. coli und Clostridien massiv ausbreiten und die Darmschranke durchbrechen können. Es entsteht eine perakute Enterotoxämie.

Bei einem gesunden Kaninchen setzt sich die Darmflora des Blinddarms aus Einzellern, Hefen und Protozoen, aber auch einer Vielzahl an Bakterien zusammen. Letztere sind für die Verdauungsvorgänge und die Ausbildung des Immunsystems essenziell. 


Die Zusammensetzung der Darmflora hängt von verschiedenen Faktoren ab:
• Alter
• Futterzusammensetzung und dessen Modifikation
• Stress, z.B. größere Umgebungsveränderungen 


Die Verdauungsphysiologie ist wenig flexibel. Die Kaninchen (besonders Jungtiere) reagieren empfindlich auf Fütterungsfehler, Störfaktoren und Antibiotika. 

Welche Therapiemöglichkeiten bleiben?

Bei starken Durchfällen und schlechtem Allgemeinbefinden ist die Prognose schlecht. Häufig erfolgt die Therapie zu spät. Bestelle den Patienten daher umgehend in die Praxis ein, damit ein Therapieversuch eingeleitet werden kann. 

Ungeeignete Antibiotika müssen sofort abgesetzt und durch ein verträgliches Präparat ersetzt werden, um einer Septikämie entgegenzuwirken Zur Kreislaufstabilisierung sind körperwarme Infusionen mit Glukosezusatz empfehlenswert. Diese sollten nicht als subkutane Depots gesetzt werden, da sie vom Körper aufgrund der schlechten Kreislaufsituation nicht schnell genug resorbiert werden können. 

Tipp: Mit körperwarmen Wärmflaschen oder einer Wärmematte tust Du dem Tier Gutes. Vermeide aber ein zu schnelles Aufheizen der Körpertemperatur. 

Ist der Kreislauf stabil, muss die Darmflora mit Probiotika oder Kotsuspensionen aufgebaut und der Durchfall unterstützend therapiert werden. Der Patient muss zwangsgefüttert werden.

Tipp: Zerstampfe für eine Kotsuspension frische Kotballen eines gesunden Kaninchens. Warte, bis die groben Kotbestandteile abgesunken sind. Ziehe den Überstand mit einer Spritze auf und verabreiche diesen 1- bis 2-mal täglich oral. 

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Kurz und knapp

Kaninchen mit einer Antibiotikaintoxikation werden häufig zu spät in der Praxis vorgestellt. Mithilfe wichtiger Fragen kannst Du bereits am Telefon einen wichtigen Beitrag zur Diagnostik leisten und dem Tier eine zeitnahe Therapie ermöglichen.


Jennifer Nehls
Pressebüro für Human- und Tiergesundheit
tfa@drjennifernehls.de