Zu Ostern darf der Schokoladenosterhase nicht fehlen. Doch was für uns Menschen lecker und weitestgehend risikolos ist, kann für unsere Haustiere eine tödliche Gefahr darstellen. Am häufigsten werden Hunde mit einer solchen Vergiftungsanamnese in der Kleintierpraxis vorgestellt. Anna Frommeyer fasst die wichtigsten Fakten der Schokoladenvergiftung beim Hund für Euch zusammen.

Warum ist Schokolade für mein Haustier giftig?

Hauptverantwortlich für die toxische Wirkung der Schokolade ist das in der Kakaobohne (Abb. 1) enthaltene Theobromin. Darüber hinaus enthält die Kakaobohne auch geringe Mengen an Koffein. Theobromin sowie Koffein sind sogenannte Methylxanthine, eine Substanzklasse der Alkaloide. Diese rufen nach Resorption über den Magen-Darm-Trakt zentrale analeptische (erregende) und periphere Wirkungen hervor. 

Abb. 1 | Bis zu 100.000 Blüten wachsen jährlich direkt am Stamm des Kakaobaums. Daraus entwickeln sich in guten Jahren maximal 50 Kakaofrüchte, die die Kakaobohnen enthalten.
© Bild von Maliflac auf Pixabay

Welches sind die typischen Symptome?

Folgende kardiovaskuläre, respiratorische, neurologische und gastrointestinale Symptome gehören zu den klinischen Anzeichen einer Schokoladenvergiftung:

  • Unruhe 
  • Ataxie/Zittern/Krampfanfälle
  • Tachypnoe/Dyspnoe/Atemstillstand
  • Tachykardie/Herzarrhythmien/Herzstillstand
  • Hypersalivation/Erbrechen
  • Durchfall
  • Polydipsie/Polyurie
  • Abdominalschmerzen

Erste Vergiftungserscheinungen können bereits 1–4 Stunden nach der Schokoladenaufnahme auftreten. 

Je höher der Kakaoanteil, desto giftiger

Theobromin macht etwa einen Anteil von 1,5–3 % und Koffein einen Anteil von etwa 0,2 % der Kakaobohne aus. Daher gilt: Je höher der Kakaoanteil, desto höher die Methylxanthinkonzentration und dementsprechend giftiger ist die Schokolade für unsere Lieblinge.

Die Schwere der Symptome ist abhängig von der aufgenommenen Menge der Methylxanthine (Abb. 2). Leichte Vergiftungserscheinungen treten bereits bei einer aufgenommenen Menge von 20 mg/kg Körpergewicht auf. Mit kardiovaskulären Symptomen muss ab einer Menge von 40 mg/kg Körpergewicht gerechnet werden. Bei noch höheren Dosen ab etwa 60 mg/kg Körpergewicht sind Krampfanfälle und/oder Tremor zu erwarten.

Gut zu wissen

Die letale Dosis 50 (LD50) für eine orale Aufnahme wird je nach Literatur mit 100–500 mg/kg Körpergewicht angegeben. Der LD50-Wert gibt die Menge eines Stoffes an,
welche nach einmaliger Aufnahme zum Tod der Hälfte der Patienten führt. Je niedriger der LD50-Wert, desto giftiger ist also der Stoff.

Tipp: Im Notfall kann als Richtwert zur schnellen Einschätzung der aufgenommenen Menge des Theobromins Tabelle 1 herangezogen werden.

SchokoladensorteTheobrominkonzentration
Kakaopulver14–29 mg/g
Bitterschokolade (70 %)5,5–12,7 mg/g
Zartbitterschokolade (55 %)5–8,5 mg/g
Milchschokolade (25–30 %)0,5–2,3 mg/g
weiße Schokolade0 mg/g

Tab. 1: Theobrominkonzentration verschiedener Schokoladensorten (modifiziert nach CliniPharm CliniTox, 2022: Methylxanthine – Kleintier, https://www.vetpharm.uzh.ch/clinitox/toxdb/klt_063.htm, vom 28.01.2023).

Fallbeispiel

Ein 10 kg schwerer Hund hat einen 100 g Vollmilch-Osterhasen gefressen. Die aufgenommene Theobrominmenge liegt bei ca. 23 mg/kg Körpergewicht. Es sind leichte Vergiftungserscheinungen zu erwarten.

Mein Tier hat Schokolade gefressen – was nun?

Bei der Aufnahme von toxischen Mengen oder bei einer nicht sicher einschätzbaren Menge sollte in jedem Fall ein Tierarzt aufgesucht werden. Liegt die Schokoladenaufnahme erst kurzzeitig zurück und sind noch keine Vergiftungserscheinungen aufgetreten, steht die Elimination des Giftes durch induzierte Emesis (Erbrechen) mittels Apomorphin oder einer Magenspülung an erster Stelle. 

Tipp: Das induzierte Erbrechen kann ebenso sinnvoll sein, wenn der Besitzer am Telefon berichtet, dass sein Hund Verpackungsmaterialen mitgefressen hat.

Zur anschließenden enteralen Resorptionsminimierung und schnelleren Ausscheidung potenziell verbliebener Restmengen an Schokolade können Aktivkohle (Adsorbanz) und zusätzlich Lactulose (Abführmittel) verabreicht werden. Die Therapie sollte aufgrund der wiederholten Zirkulation der Methylxanthine zwischen Darm und Leber (der sog. enterohepatischen Zirkulation) über 72 Stunden durchgeführt werden. 

Was tun, wenn bereits Symptome auftreten?

Bei länger zurückliegender Schokoladenaufnahme oder bei Auftreten von klinischen Symptomen sollte eine stabilisierende, symptomatische Behandlung durchgeführt werden. Ein spezifisches Antidot (Gegengift) existiert nicht. Auch in diesem Fall stellt – sicheres Schlucken vorausgesetzt – die Dekontamination und Resorptionsminimierung der Methylxanthine einen wichtigen Punkt dar. 

Gut zu wissen

In keinem Fall darf bei Anzeichen einer ZNS-Stimulierung, wie Bewusstseinsstörung, Erregung oder Krampfgeschehen, aufgrund einer hohen Aspirationsgefahr Erbrechen induziert werden. Dabei könnte Mageninhalt in die Atemwege gelangen.

Die weitere symptomatische Therapie richtet sich nach den klinischen Befunden. Eine Flüssigkeitsdiurese mittels Infusionstherapie und ggf. einer Entwässerung mittels Furosemid kann die Giftausscheidung über die Nieren fördern. 

Tipp: Achte auf eine regelmäßige Blasenentleerung des Hundes, da die in den Urin ausgeschiedenen Methylxanthine über die Blasenwand erneut resorbiert werden können. 

Kardiovaskuläre Symptome werden ebenfalls mit entsprechenden Medikamenten symptomatisch therapiert. Bei Erregung oder Krampfanfällen sollte das Tier sediert und/oder mit antikonvulsiven Medikamenten wie Diazepam oder Phenobarbital behandelt werden. Antiemetika (z.B. Maropitant oder Metoclopramid) und Magenschutzpräparate (z.B. Omeprazol und Sucralfat) können bei gastrointestinalen Symptomen verwendet werden. 

Wie ist die Prognose?

Die Prognose ist abhängig von der aufgenommenen Menge der Methylxanthine pro Kilogramm Körpergewicht und von der Zeitspanne zwischen Schokoladenaufnahme und Vorstellungszeitpunkt bei einem Tierarzt. Generell ist bei rechtzeitiger Vorstellung des Patienten bei einem Tierarzt die Prognose als gut zu bewerten. Andernfalls kann es bei Aufnahme von großen Mengen Schokolade und einer nicht rechtzeitig eingeleiteten Therapie zum Tod des Patienten kommen.  

Praxistipp

Sollte Dir der Besitzer am Telefon von einer Schokoladenaufnahme/-vergiftung berichten, ist folgendes Vorgehen empfehlenswert:

• Frage den Besitzer nach …
• der Art (Kakaogehalt) und Menge der Schokolade,
• dem Zeitpunkt der Aufnahme und
• nach bereits aufgetretenen Symptomen.
• Bestelle das Tier im Zweifel umgehend in die Praxis ein.
• Wiege den Patienten sofort nach dem Eintreffen in der Praxis. Dies erleichtert dem behandelnden Tierarzt die Therapieplanung und beschleunigt den Therapiestart.
• Informiere den Tierarzt, dass der Notfall eingetroffen ist.

Kurz und knapp

Die Schokoladenaufnahme/-vergiftung ist eine häufige in der Kleintierpraxis vorkommende Erkrankung. Je nach Schokoladensorte und -menge können unterschiedliche neurologische, gastrointestinale, respiratorische oder kardiovaskuläre Symptome auftreten. Ein Gegengift existiert nicht, sodass die Therapie neben der Dekontamination rein symptomatisch erfolgt. Die Prognose ist bei rechtzeitiger Vorstellung des Tieres in einer Tierarztpraxis gut; bei unzureichender Therapie muss mit dem Tod des Patienten gerechnet werden.